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Körper-Raum-Malerei

Rainer Fuchs

Max Boehme ist insofern Realist, als er das gesellschaftlich vermittelte Bild des Körpers zum Angelpunkt seiner Malerei macht. Dieses Bild des Körpers ist kein harmonisch und idyllisch gestimmtes oder historisch abgeklärtes und existentiell gesichertes, sondern im Gegenteil ein sehr prekäres, von Auflösung, Fragmentierung und Mediatisierung bestimmtes und deformiertes. Also nicht ein in sich konsistentes, sondern vielmehr ein kontingentes Bild des Körpers. Es ist ein in seiner Identität ständig verschobener und modifizierter Körper, der sich vor der Folie gesellschaftlicher Wirklichkeit zugleich als deren Produkt abzeichnet. Dementsprechend ist auch das Auflösen, Verschieben und Neuformulieren des Körperbildes als Identitätscontainer das Thema von Boehmes Malerei. Vom Zerlegen eines realen tierischen Körpers über dessen fotografische Fixierung und die weitere malerische Bearbeitung dieser Fixierung zieht sich ein unausgesetztes Transformieren von Körperlichkeit, wobei das Bildresultat selbst Prozessualität und Ambivalenz vermittelt: Die ineinander verschliffenen, gemalten Körperfragmente erscheinen wie üppige Landschaften, Organisches und Anorganisches scheint in einer seltsamen Ungeschiedenheit zu verharren und einem manieristischen Vexierspiel zu unterliegen. Ein ständiges Umspringen von einer Lesbarkeit in eine andere, ein permanent zwischen sinnlicher Leiblichkeit und morbider Entblößung des Fleischlichen fluktuierendes Erscheinungsbild bestimmt die Rezeption von Boehmes Bildern. Wenn man meint, endlich einen Körper erfasst zu haben, entpuppt sich dieser als fragmentiert und mit anderen Fragmenten verwoben. Dem Blick bietet sich eine amorph teigige Masse, die ein zugleich von außen besehenes landschaftliches Ambiente wie auch ein subkutanes organisches Labyrinth darzustellen scheint. Die Illusion von Raum und Plastizität, von drängender Bewegung und jäher Erstarrung wird suggeriert und doch auch als malerisch inszenierter Augentrug bloßgelegt. Zudem decodieren die sichtbaren rinnenden Farbspuren den malerischen Illusionismus als gleichsam gemalten Zauber.

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